Das Werk InventaRios ist die Wiedergabe eines umfassenderen Projekts, FazerViver, das Keramik, Video und Verlagswesen miteinander verbindet und die Form einer Landschaft annimmt. Der Titel bedeutet sowohl „Inventar Rio“ oder „Den Fluss erfinden, um den Fluss zu bezeichnen“ als auch „InventariarRios“ oder „Den Fluss inventarisieren, um ein Wassereinzugsgebiet zu inventarisieren“. Dieses Projekt wurde vom Kollektiv EthnoGraphic drei Jahre lang über die Lebensweisen im Sertão, einer abgelegenen Region in Minas Gerais in Brasilien, durchgeführt. In dieser Region, die für ihren Eisenreichtum bekannt ist, wurde ein groß angelegtes Straßenbauprojekt in Gang gesetzt, das durch ein winziges Dorf führt und zukünftige Veränderungen herbeiführt. Die alten Fertigkeiten der Bewohner werden möglicherweise verändert. Gleichzeitig teilen die Bewohner der Region die Sorge, dass die Gewässer in der Region nach und nach verschwinden werden.

So zog das aus Letícia Panisset, Ghislain Botto und Emilie Renault bestehende Kollektiv mit einer Karte entlang des Capivari-Beckens und bat die Bewohner, die anonymen Wasserläufe auf der Karte zu benennen, während sie einen reichhaltigen Strom von Geschichten aufzeichneten, die mit dem Wasser verbunden waren. Nach und nach entstand eine sensible Kartografie des Flusses und seiner Nebenflüsse, in der die intimen Erfahrungen der Bewohner mit ihren Wasserläufen erkennbar wurden. Nicht weniger als 93 verschiedene Arten, das Wasser zu benennen, wurden festgestellt: „mein Wasser“, „ein so schönes Wasser“, „Wasser, das regnet“ oder auch „Wasser, das mein Haus wieder auffüllt“. Im Laufe der Begegnungen und der individuellen Erzählungen zeichnet sich ein allmähliches Verschwinden der Wasserläufe ab. Die Installation, die aus einer Reihe von 56 Keramiktöpfen, 56 Notizbüchern, die den Fluss und seine Bezeichnungen illustrieren, einer großen Wandzeichnung und einem Film besteht, bildet ein neuartiges sozio-künstlerisches Zeugnis.

Geboren 1957, 1978 und 1979 in Juiz de Fora (Brasilien), in Ploemeur und in Caen (Frankreich).
Leben und arbeiten zwischen Frankreich und Brasilien.

„Auf Tuchfühlung gehen mit …“ : Das ist die Methodik, die das Kollektiv EthnoGraphic verfolgt, das Emilie Renault und Ghislain Botto 2010 gründeten. Das Kollektiv nutzt die Ethnografie und die teilnehmende Beobachtung als Mittel der Annäherung und verbindet sie mit einer transdisziplinären zeitgenössischen Kunstproduktion. Die produzierten Werke fügen sich in den öffentlichen Raum als Orte ein, die dem kollektiven Experimentieren gewidmet sind, um Debatten anzustoßen, Werkzeuge bereitzustellen und zu vermitteln. Die brasilianische Keramikerin Letícia Panisset schließt sich dem Kollektiv beim Projekt FazerViver im Jahr 2017 an.