Sujin Lims Werk lässt sich in zwei Zeiträume einteilen – vor 2011 und danach. Der Bruch erfolgte während des Studiums der öffentlichen Kunst in Hamburg, an der Bauhaus-Universität. Experimente, die politische und gesellschaftliche Positionierung der Kunst und die Stellung der Künstler:innen in der Welt reiben sich an der klassischen, akademischen Kunsterziehung, die sie in Südkorea ab etwa 2000 zunächst genossen hatte. Diese geografische Entfernung ermöglicht ihr eine Distanzierung und Bewusstseinsbildung insbesondere in Bezug auf die Problematik der Atomkraft und der Veränderung von Landschaften.
Einer der Auslöser fand 2012 mit der Explosion einer großen Chemiefabrik in Gumi im Süden Koreas statt. Giftiges Gas breitete sich über mehrere Kilometer aus und betraf Hunderte von Menschen, von denen fünf starben. Die Bäume verloren ihre Blätter und das Vieh litt unter Atemproblemen. Nach diesem Ereignis schuf Sujin Lim Reversing the Summer: Sie wirft grünes Licht auf die verkohlten Bäume und versucht so symbolisch, sie wiederzubeleben.
Landscape Painting knüpft an eine ähnliche Linie an. Im Jahr 2018 musste die Künstlerin nach Korea zurückkehren und wanderte wieder auf der Insel Young – Heung, auf der sie als Kind fast immer in Ferien war. Anstelle von Berg- und Waldlandschaften fand sie dort eine industrielle Skyline, jede Menge Fabriken, unzählige Strommasten und eine Brücke zum Festland. Der Tourismus hatte sich teilweise auf der Insel ausgebreitet, das Wasser war verschmutzt und die Sümpfe waren ausgetrocknet. Die Kraken, Garnelen, Muscheln und anderen Krustentiere ihrer Jugend waren aus ihrer natürlichen Umgebung verschwunden.
Die Künstlerin verbrachte zwei Jahre damit, ihren Vater und die Inselbewohner:innen zu interviewen und ihre Chronik des ursprünglichen Panoramas zu sammeln. Sie übermalt diese Landschaft und erschafft so die Illusion einer alten Erinnerung. Auf halbem Weg zwischen Malerei und Performance wird die Landschaft zu einer Form der Methodik und eines Werkzeugs, das die Realität auslöscht. Sujin Lin ist sich bewusst, dass sie kein System revolutionieren kann. Sie fragt nach den realen und ausgewogenen Möglichkeiten zwischen der Natur und dem Einfluss von Industrie und Wirtschaft und wie fast alle zwischen zwei Systemen eingeengt werden. Gibt es eine Alternative?