Im Rahmen eines Aufenthalts bei der Association le mètre carré verbrachte Cristina Escobar zwei Monate in einem Flüchtlingslager in Lucca, Italien. Ihr Werk Trophées, das aus 40 Stücken Carrara-Marmor besteht, erzählt die Geschichte von 40 Männern und Frauen. Jede:r zeichnet ihre bzw. seinen Weg auf einer Karte des Mittelmeers nach, die Künstlerin modelliert ihn dreidimensional, um diese glatten und perfekten Objekte zu schaffen – die Belohnung für den Sieg am Ende einer langen Reise. Marmor, das Symbol für Schönheit und Reinheit, ist ebenfalls ein schweres Material, das von der Schwierigkeit einer solchen Reise zeugt und sich auf Gräber bezieht.
Cristina Escobars Arbeit ist oft mit Bewegung und Reisen verbunden, vielleicht aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte als in Kuba geborene Inselbewohnerin, die nach Frankreich ins Exil ging. Das Eingeschlossensein sowie der Kreis sind wiederkehrende Motive in ihrem Werk, sowohl in seinen formalen und konzeptuellen Aspekten. Ihre minimalistische, der Perfektion nahe stehende Ästhetik wird durch die Wahl der Materialien wie Holz, Glas oder Kupfer unterstützt. Man kann ihre akademische Ausbildung in ihrer genauen Zeichen-und Formentechnik spüren, insbesondere in dreidimensionalen Formaten. Ihre sorgfältige Ästhetik bildet ein Gegengewicht zu ihren engagierten und oft kritischen Aussagen. Die scheinbare Perfektion verbirgt die Brutalität der behandelten Themen. Cristina Escobar spielt so mit den vielfältigen Wahrnehmungen, die die Betrachter:innen haben können, und mit der Verwirrung, die diese plastische Schönheit hervorruft.
Mit Trophées, 40 akribisch auf dem Boden platzierten Objekten, die wie ein Inventar perfekter, klinischer Formen wirken, lenkt die Künstlerin unseren Blick auf ein trauriges, aktuelles Thema und setzt ihre Auseinandersetzung mit der Gesellschaft fort, die das Zentrum ihrer Arbeit bildet.