Camille Michel, fasziniert von den weit entfernten Gebieten der Welt und ihren Bewohner:innen, wollte eigentlich Ärztin werden. Sie entschied sich aber für die Fotografie und den Ansatz einer Forscherin und Ethnologin, um in Form eines „poetischen Dokumentarfilms“ die Metamorphosen und den Alltag in Grönland zu entschlüsseln. Im Jahr 2012 weckte eine erste Erfahrung in Lappland beim Volk der Samen ihr Interesse an der Beziehung zwischen Moderne und traditionellen Kulturen. Dieser Aufenthalt inspirierte sie dazu, eine Arbeit über die Auswirkungen der modernen Welt zu entwickeln.
In Uummannaq, im Nordwesten des Landes, stellte sie zwischen 2014 bis 2016 regelmäßig ihre Kamera auf, um das Leben der 1.300 Einwohner dieser Stadt, in der sich die Lebensweisen verwestlichen und sich Fragen nach der Identität neu stellen, zu dokumentieren. Mit ihrem herzförmigen Berg, der dem Ort seinen Namen gibt, gehört die Stadt zu den größten Städten Grönlands und ist auch per Flugzeug und Hubschrauber erreichbar. Indem sie mehrere Monate dort lebte und am Alltag der Bewohner:innen, hauptsächlich Fischer:innen und Jäger:innen, teilnahm, tauchte Camille Michel eine Zeit lang in deren Leben ein und integrierte sich, bevor sie deren Alltag und Umgebung fotografierte.
Sie zeigt die dieser Entwicklung innewohnenden Widersprüche und das Dilemma zwischen der Ausbeutung eines Gebiets und der Erhaltung der Natur: Wie kann man die Natur intakt halten und gleichzeitig wachsen und an Unabhängigkeit gewinnen?
Auf der Insel ändern sich die Lebens- und Konsumgewohnheiten, die Fischerei wird industrialisiert. Motorroller und Quads ersetzen die Schlittenhunde, die in wenigen Jahren von 5.000 auf 500 zurückgegangen sind. Supermärkte, Cafés und Tankstellen erobern die Landschaft. Camille Michel hält sie in ihren Fotos fest. Eine neue Art der Unterhaltung entsteht: Spielhallen, Bars, Konzerte … Was die Ökologie betrifft, so gibt es überall wilde Müllkippen und Spuren von Dioxin verschmutzen das Wasser der Seen.
Einige betrachten die Syndrome des Klimawandels (Intensivierung der Fischereiausbeutung usw.) als kurzfristige Vorteile, ohne zu erkennen, dass dies die ersten Symptome ihres eigenen, längerfristigen Ruins sind.
Wie kann man also zwei Welten miteinander in Einklang bringen?